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23.6.2012 Fernando Lugo ist seit dem 15.8.2008 vereidigter Staatspräsident Paraguays. Der suspendierte katholische Bischof und Befreiungstheologe machte sich als Anwalt für „den kleinen Mann“, den Unterprivilegierten und Entrechteten stark. Einige seiner politischen Ziele sind, das Heer an landlosen paraguayischen Bauern mit Land auszustatten, die ungerechte Verteilung von Kapital und Macht zu bekämpfen und den Bildungssektor seines Landes voranzutreiben. Am 15.6.2012 dann ereignete sich in Curuguaty eine bewaffnete Auseinandersetzung von Landlosen und Polizisten, in deren Folge 17 Personen den Tod fanden. Fernando Lugo machte man politisch für diese Ausschreitung verantwortlich.
Die Abgeordnetenkammer entschied am 21.6.2012 mit 39:4 Stimmen die Absetzung Lugos. Skandalös ist das Zugeständnis von gerade einmal zwei Stunden Vorbereitungszeit für den Präsidenten, sich vor der Kammer zu rechtfertigen. Lugo erschien nicht und schickte stattdessen drei seiner Anwälte. Diese kündigten an, u. a. den interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Über die Absetzung empörten sich internationale Organisationen wie die Organisation amerikanischer Staaten oder die Union südamerikanischer Nationen als übereilt und undemokratisch. Lugo selbst behandelt den Vorgang als einen parlamentarisch geführten Staatsstreich, der der Demokratie im Land einen schweren Schlag versetzt.
Als Folge des politischen Machtvakuums schlossen bereits unzählige Geschäfte in Asunción und Umgebung aus Furcht vor Ausschreitungen. Eltern von Schulkindern wurde freigestellt, ihren Nachwuchs aus Sicherheitsgründen zuhause zu lassen. Brasilien, Uruguay und Argentinien haben ihre Botschafter aus Paraguay abgezogen. Auch die Präsidenten Boliviens, Ecuadors und Venezuelas sprachen von einem Staatsstreich. Nicaragua, Bolivien und Venezuela intervenierten bereits beim ständigen Rat der Organisation amerikanischer Staaten in den VSA. Lugo zog sich in sein Haus in Lambaré zurück. Übergangsweise bis zur Neuwahl im April 2013 als amtierender Präsident Paraguays ist der Chirurg und bisherige Vizepräsident Federico Franco eingesetzt.
Paraguay, das sich nach 61 Jahren der Regierung durch die konservative Colorado‐Partei gerade erst erholte und damit begann, sich international Geltung zu verschaffen, steht nun vor der schwierigen Situation, die Ereignisse der letzten Tage verfassungsrechtlich und demokratisch zu rechtfertigen. Das Verhältnis zu fast allen lateinamerikanischen Staaten ist außerordentlich gespannt. Damit dürfte die wirtschaftliche Existenz Paraguays auf dem Spiel stehen, sollte es nicht gelingen, einen rechtlich einwandfreien Stand und Ruhe und Ordnung im Volk wiederherzustellen. Die BRiD hat der neuen (Übergangs‐)Regierung jegliche weitere Unterstützung zugesprochen.
16.8.2013 Nachdem vor etwas über einem Jahr Fernando Lugo abgesetzt und sein Vizepräsident Federico Franco ins höchste Amt Paraguays eingesetzt wurde, war es gestern wieder einmal Zeit für einen Regierungswechsel. Der neue Präsident ist Horacio Manuel Cartes Jara und erst seit 2009 Mitglied der 1989 nach rund 61jähriger Diktatur weggeputschten konservativen Colorado‐Partei.
„Wenn wir nicht in fünf Jahren die Armut deutlich reduziert haben, wird alle unsere Arbeit umsonst sein“, sagte der 57jährige Cartes bei seiner Amtsantrittszeremonie in Asunción. Da dürfen wir gespannt sein, wie er das anstellen will, wo doch fast 40 % der paraguayischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben.